Meditation – Dhyana und Zazen

Wenn wir heute in Wikipedia nachschlagen, um die Verwendung des Begriffes Meditation zu ergründen, werden wir erschreckt feststellen, das damit Alles und auch Nichts gemeint sein kann, das jede beliebige bewusstseinsbildende, esoterische und religiöse Richtung etwas anderes damit meint, alle meist nur ihre Dogmen und Glaubensinhalte vertreten und natürlich auch bestätigt sehen möchten und damit genau das tun, was man heute mit Themenbesetzung benennt und was zielgerichtet nur zu einer Meinungshoheit führen soll.
Zunächst einmal sollten wir beim Namen nennen, was schon einen Namen hat. Wenn wir also beim Sitzen in „Meditation“ in die Flamme einer Kerze schauen oder ein Mantra rezitieren, dann verfolgen wir die Technik des Dhyana, der yogischen Meditation. In einer Asana üben wir Asana, in Pranayama üben wir Pranayama. Wenn wir dabei Begriffe wie Shiva oder Vishnu verwenden, verfolgen wir eine hinduistische Meditationsform, die ebenfalls Dhyana genannt werden darf, aber einen religiösen, dogmatischen Hintergrund hat. Wenn wir Zazen üben, verfolgen wir eine buddhistische Meditationsform, die mit den Begriffen Nichts und Leere arbeitet.  Wenn wir TZM verfolgen, üben wir mit einem begrifflosen Mantra, wenn wir kämpfen, betreiben wir Kampfsport oder –kunst, wenn wir tanzen, tanzen wir. Ich finde es einfach sinnvoll, die Dinge beim Namen zu nennen, auch wenn das Ziel all dieser Wege gleich sein sollte, was allerdings erst einmal hinterfragt und auch beantwortet werden muss. Selbst wenn wir eine positive Antwort dazu annähmen, erreichen wir -um eine Metapher zu gebrauchen- Lissabon entweder mit dem Flugzeug fliegend, mit dem Schiff schwimmend und über den Landweg  fahrend. Jeder Weg hat seine Namen und seine Inhalte.

Worüber ich hier sprechen kann sind ausschließlich sind die Wege des Zazen und Dhyana, die ich selbst verfolgt habe oder verfolge, und das auch nur soweit ich darauf selbst Erfahrungen machen konnte und soweit ich in der Lage bin, darüber auch zu berichten. Nicht jede Erfahrung lässt sich auch gleich und leicht in Worten fassen, nicht jede Erfahrung eignet sich zur Weitergabe an Mitmenschen und natürlich gibt es auch Erfahrungen, die ich gar nicht weitergeben möchte, da sie mir zu persönlich erscheinen. Das ich trotz dieser Einschränkungen bereit bin, die Lehre des Sitzens in Meditation an Kursteilnehmer weiterzugeben, beruht auf der Einsicht, dass unsere Gesellschaft Menschen braucht, die zu  einer Meditationspraxis fähig sind.

In jeder beliebigen Meditationspraxis können Erfahrungen gemacht werden, was an sich profan ist und sich daraus ableitet, das wir in jeder Sekunde unseres Lebens Erfahrungen machen können. Wenn wir allerdings in einer Übungspraxis auf Erfahrungen hinarbeiten, müssen wir uns darüber im Klaren sein, welche Erfahrungen wir denn zu machen wünschen, denn: Die Erfahrungen jeder Meditationsform werden in aller Regel in jeder Tradition anders beschrieben und auch anders benannt. So ist zunächst einmal die Unterscheidung wichtig, ob diese Erfahrungen einen mehr praktischen Nutzen haben sollen wie z.B. die Stärkung der Konzentrationsfähigkeit oder die Fähigkeit, gut einschlafen oder abschalten zu können, oder ob diese Erfahrungen dem Leben an sich als Erweiterung, Vervollkommnung oder Entwicklung dienen sollen. Die erstgenannten Motive können als  „ich meditiere, um… zu ermöglichen“  zusammengefasst werden, die letztgenannten als  „ich meditiere, um… zu werden“.

Dann ist es wie bei allen Erfahrungen notwendig zu entscheiden, in welcher Sprache und Form ich diese Erfahrungen ausdrücken, selbst leben oder weitergeben möchte. Arbeite ich also bei der Weitergabe in einem buddhistischen, christlichen oder hinduistischen Sprach- und Ausdrucksgefüge oder bevorzuge ich eher eine wissenschaftliche Form wie Psychologie, Psychoanalyse oder Philosophie. Während die religiösen Formen relativ genau gefügte Ausdrucksweisen besitzen, die grundlegende Dogmatiken nicht ausschließen können, sind die mehr atheistischen Formen vielgestaltiger, differenzierter und daher auch sehr viel mehr mit der Gefahr belastet, sich im Dschungel der Variationsmöglichkeiten zu verirren. Alle Sprachen, Wissenschaften, Religionen und Weltanschauungen haben bereits in ihrem Grundkonstrukt eine vorgegebene Sichtweise eingearbeitet, aus der innerhalb eines Beschreibungsversuches nicht oder nur schwer ausgebrochen werden kann. Lediglich die Absicht, sich auf „nur sich selbst leben“ zu beschränken, kann auf die Formulierung in Sprache verzichten; und auch dieses wird schwierig sein, lebt man doch selbst als Einsiedler nicht allein auf dieser Welt und könnte in die Not geraten, seine Reaktionen oder Nichtreaktionen anderen Menschen erklären zu müssen. Selbst Heilige haben sich in der Vergangenheit  aufgrund ihrer Aussagen schon mal schnell in der Psychiatrie oder auch auf einem Hinrichtungsplatz wiedergefunden.  In neuerer Zeit scheitern Ehen und Familien, Freundschaften und Sozialgefüge an einseitig ausgelegten und unerklärbaren Entwicklungen. Daher empfehle ich allen Meditierenden, sich vorab schon einer erklärbaren, verstehbaren  Sprache zu bemächtigen.

Der Aufbruch in ein anderes Seins Gefüge, das viele Traditionen als hohes Ziel versprechen,  sollte nur dann angestrebt werden, wenn man sich in seiner jetzigen eigenen Haut nicht (mehr) wohlfühlt. Der Weg endet immer im Unbekannten und kann seine Versprechen einlösen – oder auch nicht. Sich aufzumachen, um etwas Neues zu gewinnen aus Stolz, Ehrgeiz oder Prahlsucht wird, so ist in allen Schriften zu lesen, immer im Desaster enden. Was angestrebt werden kann ist (mehr) Freiheit, Weisheit und Entwicklung, und diese können nur dem Menschsein an sich dienen, nicht aber persönlichen Begehrlichkeiten. Gier, Hass und Verblendung sind, so sagt man im Zen, zu lösen, nicht zu pflegen. Meditation in moderner Form ist eine höchst persönliche Praxis, ist an sich nicht formalisierbar, ist nicht institutionalisierbar und nicht organisierbar. Ein Lehrer und eine Schule können Hilfe geben und einen Schutz- und Übungsrahmen setzen. Die Arbeit an sich aber ist immer dem Menschen selbst vorbehalten.

So vermittelt und praktiziert kann Meditation gelingen. Alles andere ist im meiner Vorstellung heute nur neuer und daher ungereifter Wein in alten verkrusteten Schläuchen.




Karmalehre und Philosophie als Bedingung der Meditation des Jnana-yoga

Der Versuch, eine Verbindung zu formulieren zwischen westlicher Philosophie und östlicher Weisheit ist eine meiner Arbeiten aus 12/1999.

Wir leben in einer unbegrenzten, unendlichen Welt, die eine sowohl denkbare als auch undenkbare Fülle von Möglichkeiten enthält, eine Welt, die weder durch Zeit noch durch Raum begrenzt ist und die keinen Zeitpfeil kennt. Aber als Mensch sind wir eine gebundene Form des Lebens, gebunden an die Physis eines Organismus, gebunden an eine Richtung in der Zeit, gebunden durch Begrenzung des Raumes und gebunden durch Endlichkeit. An einer Stelle, einem Ort und einem Moment in diese Welt geworfen, beginnt zunächst die Kette von Ursache und Wirkung unser Leben zu bestimmen, lässt uns dieser Automatismus keine oder nur noch wenige Möglichkeiten zur Wahl.

Hier liegt unser Ausgangspunkt, hier stehen wir am Anfang unserer Praxis. Diesen  Punkt zu erkennen, ist der erste Schritt auf dem Weg zur Befreiung aus den Rad des Lebens. Als begrenzte und gebundene Form besitzen wir nur die Fähigkeit, eine begrenzte Auswahl von Möglichkeiten aufzunehmen, zu erkennen und auch zu nutzen. Diese Erkenntnis (der zweite Schritt) ist zwangsläufig eine Folgerung der ersten und ist von außergewöhnlicher Banalität. Trotzdem sagt sie uns klar und deutlich, wie unser Leben zu gestalten sei, wenn wir Veränderung anstreben. Wenn wir selbst unser Leben in die Hand nehmen wollen, selbst gestalten und wählen wollen, müssen wir (erstens) das bereits laufende Rad anhalten oder zumindest stark verlangsamen, müssen uns weiterhin (zweitens) über die Fülle unserer Möglichkeiten klar geworden sein und dann (der dritte Schritt) mit Bedacht wählen. Jede Wahl setzt das Rad erneut in Gang, jede Wahl ist eine Begrenzung und eine Einschränkung zukünftiger Möglichkeiten. Dies ist die dritte Erkenntnis, sie folgt aus den anderen und ist unvermeidbar und unwiderlegbar. Wir können als begrenztes Wesen nur begrenzt aufnehmen, einerseits wird alles nicht aufgenommene wie ein Opfer preisgegeben und daher Leiden verursachen, andererseits wird alles aufgenommene unsere zukünftigen Möglichkeiten begrenzen, eine weitere Auswahl erschweren oder verhindern und daher ebenfalls Leiden nach sich ziehen.
Was also können/sollten wir tun? Wir sind niemals frei in der Entscheidung, und wir können niemals ganz frei werden, denn dazu müsste uns als Mensch Unbegrenztheit zufallen. Wählen wir also unseren Teil aus, und dreht sich damit das Rad in eindrucksvollen Geschwindigkeit, so sind wir begrenzt für den Rest unserer Tage in dieser Form als Mensch, das Rad dreht sich und wir folgen ihm. Das nicht Erwählte wird bald als Verlust erfahren werden. Wählen wir nur begrenzt und sparsam aus, halten wir also das Rad nur in langsamer Drehung, verzichten wir damit auf eine Vielzahl von Möglichkeiten und damit verbunden von Eindrücken zugunsten einer unbestimmten Zukunft, was zumindest im Moment des Verzichts ebenfalls als Verlust erfahren wird. Lassen wir uns treiben im Strom der immerwährenden Bewegung um uns herum, wählen wir also nicht und bestimmen wir nicht, so verzichten wir auf die Selbstbestimmtheit unseres Lebens, andere wählen für uns und wir werden zu ”Getriebenen”. Wo liegt da die Lösung?
Die Bhagavad Gita hält daher einen Rat für uns bereit, der in etwa so lautet:
Wir wählen aus der Fülle der Möglichkeiten aus nach bestem Wissen und Gewissen, tun dann, was wir tun müssen, aber wir gestalten unser Tun so, dass wir nicht hängen an den Früchten dieser Handlungen.
Aber was genau bedeutet dieser Satz, und wie geschieht so etwas in der Praxis? Wie kann ich mir dies vorstellen? Ist dieser Sinngehalt dieses Satzes nicht paradox? Gerade doch aus dem Streben nach den Früchten heraus haben wir begonnen, den Mechanismus unseres Leidens zu durchschauen. Um das Leiden zu mindern, und das sind doch die Früchte unseres Strebens, haben wir doch mit einer Praxis begonnen und sind erst so auf diesen Satz der Bhagavad Gita gestoßen. Fehlt hier dann nicht etwas entscheidendes? Müssen wir dann aufgrund dieses Satzes die Wege des Vergangenen nicht trennen von den Wegen, die vor uns liegen? War der vergangene Irrweg nicht erforderlich, ja zwangsläufig dann auch richtig, um hierher zu finden? Und ist diese Aussage nicht eine neues Paradox, dass ich nämlich nur auf Irrwegen zur Wahrheit finde, und mein neu einzuschlagender Weg ebenfalls ein Irrweg sein muss? Und wie kann ich mit dieser Paradoxie im Gepäck fortschreiten?
Dieser Sinngehalt ist unserem, zu Differenzierbarem zugeneigten einfachen Denken nicht erfassbar. Wir brauchen eine Hilfe, um dies zu erfassen. Wir müssen sich widersprechende Aussagen nebeneinander stellen können, ohne sie in Beziehung zu bringen, ohne sie aufeinander wirken zu lassen. Diese Hilfe finden wir in der philosophischen Idee vom Hintergrund, vom Einen, vom Umgreifenden, von Gott, von Tao oder von Brahman, auf dem sich solche konträren Facetten (Paradoxien) abbilden lassen.
Auf diesen Hintergrund sehen wir die Paradoxie wie die zwei Seiten einer Münze, wir nehmen auf, ohne zu verarbeiten, betrachten ohne Auswahl und Urteil, verzichten also auf die Schlussfolgerung, die sich zB in der Theorie von ”These, Antithese (diese bilden die Paradoxie) und Synthese (Urteil) ausdrückt.
Diese Betrachtung dann schafft Bilder und Symbole, zu denen sich durch ”wirken lassen”, das ist eine bewusst herbeigeführte Unbestimmtheit in unserem Denken, in der unendlichen Fülle der Möglichkeiten eines unbegrenzten Universums Entsprechungen finden lassen, die in ihrem Bewusstwerden als Idee sich in unserem Denken Ausdruck verleihen.

Diese Idee (nach Platon), wir können sie auch Intuition (im Yoga) nennen, steht uns, einmal erkannt, dann als erweiterte, fast immer auch neue Möglichkeit offen. Durch ihre Herkunft aus der Fülle, aus dem Hintergrund,  verbindet sie uns symbolisch mit allem und ist daher dem, was wir als die eine Wahrheit bezeichnen, sehr nahe. Diese Betrachtung und dieses ”wirken lassen” erreichen wir in der Praxis der stillen Meditation. Aber diese Praxis erfordert Bedingungen:

  • Die Bereitschaft zur Analyse, des Erkennens, was ist (jetzt und hier).
  • Die Bereitschaft des ”offen-seins” und ”offen-bleibens” für unbestimmte Zeit.
  • Die Bereitschaft, weiterhin zu erkennen und zu lernen.
  • Die Bereitschaft, die aufleuchtenden Paradoxien solange zu ertragen.

 

Ohne diese Bedingungen ist die Meditation oft nur ein unbestimmtes Staunen, wird sie wie zu einer kurzen Flucht aus dem Häusermeer der Städte in die freie Wildnis der Natur, von der nach der Rückkehr nichts bleibt als eine sehnsuchtsvolle Erinnerung, die bald neues Leiden gebiert. Wirkliche Meditation arbeitet im und mit dem Meditierenden, sie formt und weitet, erhellt und vermindert so Leiden. Sie braucht dazu eine Analyse und Kenntnis dessen, was ist (zB: Erkenntnis des Prinzips von Ursache und Wirkung – Karmalehre des Yoga), und sie braucht eine Methode der Vorstellung, die nicht formt, sondern wahrnimmt (zB: Philosophie der Idee nach Platon). Kenntnis, Wahrnehmung und die Wirkung der Meditation führen nur gemeinsam zum Erfolg, so wie erst ein Tisch mit drei Beinen zum sicheren Stehen findet.




Zen-Sesshin im September 2016

Es ist 6:30 am Morgen. Eine lange Schlange von 35 Menschen verlässt, hintereinander gehend, einem Gleichschritt folgend, ein Grundstück in Buchenberg (Allgäu), überquert die Straße und  biegt in einen Feldweg ein, dem sie dann zügig und in schnellen Schritten folgt. Regelmäßig beobachtet werden kann dieses Ereignis, Kinhin genannt, meditatives Gehen,  am Hauptausgang des Daishin-Zen-Seminarzentrums und -Klosters Buchenberg. Es ist Sesshin, Meditationswoche.

Die 35 Teilnehmer des Sesshin üben eine Woche lang sich in der Kunst der Meditation im Zen-Stil. Aus ganz Deutschland sind sie angereist, um hier im stillen und landschaftlich schönen Allgäu Erholung zu finden vom alltäglichen Stress eines kombinierten Arbeits- und Familienlebens. Es wird wenig gesprochen hier, man ist leise und doch, falls überhaupt,  irgendwie zügig unterwegs. Das Zentrum des Seminarbetriebes ist das Zendo, die Meditationshalle, in der alle Teilnehmer planmäßig und mit geregeltem Ablauf circa sieben bis acht Stunden des Tages zubringen, auf Kissen oder Holzbänkchen sitzend, in Meditation vertieft. Die anderen Gebäude dienen als Seminar-, Wohn- und Versorgungsräume. Hinter einem neu angelegten See, in dem Kois ihr nasses Zuhause gefunden haben, erhebt sich ein neu errichtetes Teehaus, das vom Zen-Meister des Klosters bewohnt wird. Verschiedene Buddha-Statuen und das neu errichtete Eingangsportal zeigen eindeutig auf den japanischen Einfluss hin. Eine große Tafel vor dem schön gelegenen See zeigt, dass hier noch zwei weitere Gebäude entstehen sollen, die dann zusammen mit dem Bestehenden ein Kloster im buddhistischen Stil ausweisen.

Zen bezeichnet eine Meditationsweise, die die Sammlung des Geistes dazu verwendet, die Wirklichkeit zu erfahren, ohne dabei kulturelle und geschichtlich gewachsene Vorstellungen und Gewohnheiten zu berücksichtigen. Haupttechnik auf dem Übungsweg ist Sitzen in Kraft und Stille, Zazen. Der Zen-Meister Hinnerk Polenski, der den langen Weg zur Freiheit bereits weit gegangen ist, hilft den auf ungewohnten Pfaden wandernden Teilnehmern in Einzelgesprächen mit Rat und Ansporn. Nicht immer wird das Empfohlene auch gleich verstanden, geht es doch darum, die Teilnehmern aus ihrer Verstrickung zu befreien und dabei nicht nur den Verstand zu erreichen, sondern auch das Herz zu berühren. Es ist erstaunlich, wie gut dieses immer wieder gelingt und damit die Motivation, weiterzugehen, erweitert und zu verstärken weiß.

Sechs Tage habe ich in dieser Atmosphäre mit Sitzen, Gehen, Rezitieren, Teetrinken und Arbeiten zugebracht, habe dabei jeden Rat des Meisters und seiner vielen Helfer befolgt und alle Aufgaben wahrgenommen, die das Kloster den Teilnehmern stellt. Es waren schöne Tage inmitten von Freunden, Tage ohne Aggressivität, Tage ohne Ärger, ohne Stress, und doch Tage erfüllt von Tun, Erleben und Sein. Ich bin erholt in die Normalität zurückgekehrt, vielleicht auch ein Stück freier, ganz bestimmt aber ein großes Stück nachdenklicher angesichts eines erdrückend eng gestrickten Alltags. Es waren gute Tage, wichtig für mich und bestimmt auch wichtig für die Menschen, die mit mir leben und arbeiten müssen.




Warum Meditation, und warum Zen?

Menschen sind bewusste Wesen, aber das wäre eigentlich nichts Besonderes, denn andere Lebewesen sind auch bewusst. Was den Menschen abhebt aus der Masse der Lebewesen ist eine Ableitung dieses Bewusstseins, denn der Mensch ist sich seines Bewusstseins bewusst oder anders gesagt weiß der Mensch, das er bewusst ist und fügt das Wissen darum  in sein Verhalten ein. Er weiß, dass nicht nur er selbst, sondern auch der andere Mensch bewusst ist und darüber weiß.
Alles in allem ist das eine sehr komplizierte und unübersichtliche Betrachtung, mit der Menschen im Alltäglichen ohne viel zu denken relativ sicher umgehen können. Dazu gehören die Fähigkeiten, Strategien und Taktiken zu bilden, zu fühlen, wie es um ein Leben steht und natürlich das Wissen um Richtig und Falsch. Die Potentiale, die diese Bewusstheit (das Bewusstsein des Bewusstseins) freisetzt, sind erheblich, oftmals auch gefährlich und anstrengend, aber sie bergen in sich auch die Möglichkeit, weiterzugehen und mit anderen ein Gemeinschaftsbewusstsein zu bilden. Dieses Gemeinschaftsbewusstsein erweitert sich zunehmend auf die Menschen und Lebewesen der Umgebung, umfasst zunehmend immer größere Räume und Ebenen, überwindet schließlich die Begrenzungen der Identifikation (ich, meine Familie, mein Volk, meine Welt) und weitet sich in eine Bewusstheit, die alles Leben und alles Sein umfasst. Die Mittel auf diesem Öffnungsweg sind Energie (Hara), Mitgefühl (Herz) und umfassende Freude (Samadhi). So beschreibt ein Zen-Meister den Meditationsweg des Zen, beziehungsweise so habe ich seine Ausführungen verstanden oder so lege ich ihn aus, heute, hier und jetzt. Bereits morgen kann und mag sich das ändern können.
Es wäre vermessen, sagen zu wollen, dass ich das Beschriebene vollständig nachvollziehen könne und auch nur zum Teil diesen Weg bereits gegangen oder sogar vollendet zu haben. Dem ist nicht so. Es ist eher so, dass ich mich entschlossen habe, in diesen Weg einzutreten und ihn soweit als möglich konsequent zu gehen, sofern mein Leben in dieser Gesellschaft und seine Gestaltungsnotwendigkeiten (Arbeit, Freundschaft)  das zulassen. Und sollte morgen ein Abgrund sich auftun und mir klar werden, das jetzt den Weg weitergehen springen bedeuteten würde, bin ich nicht sicher, ob ich bereits dazu imstande wäre, denn Rückkehr wäre aus und nach dem Sprung wahrscheinlich nicht möglich.
Der Meditationsweg erfordert Glauben und Zuversicht, zumindest wird es so immer wieder beschrieben und folglich oft zu lesen sein. Meist sind die Menschen, die man in Meditationseinrichtungen antrifft, optimistisch orientiert, glauben fest an die Richtigkeit und Sinnhaftigkeit ihres Tuns, sind entspannt und friedfertig. Es sind nette, freundliche und hilfsbereite Menschen mit guter Ausstrahlung und frohem Gemüt. Wer mich genauer kennt, wird jetzt etwas verwirrt sein und mich in einem solchen Kreis eher nicht sehen, denn wie ich selbst werden sie mich mehr  in einer pessimistischer Haltung sehen, geneigt zu Nachdenklichkeit und Reflektion und ich erscheine zumindest meiner Umgebung selten als ausgeglichen. Denn im Gegensatz zu vielen meiner Generation setze ich oft Grenzen, verstehe  und praktiziere ich Sarkasmus  und, vor einer Wahl stehend, werde ich mich meist fürs Kämpfen entscheiden. Weglaufen oder stillhalten ist nicht meine Präferenz. Soweit so gut.
Ich persönlich halte positive Grundstimmungen, Weichheit und mangelndes Selbstvertrauen nicht für die Grundvoraussetzungen des Meditationsweges. Wer sein Ichgefühl aufgeben möchte, sollte zumindest mal ein ordentliches Selbstbewusstsein besitzen. Aufgeben, was man nicht hat, ist leicht. Dann ist, wer in dieser Gesellschaft lebt und arbeitet, gut beraten, etwas Skepsis und Misstrauen aufrecht zu erhalten. Man wird gerne und oft über den Tisch gezogen und es empfiehlt sich, im Alltäglichen vorsichtig zu sein. Dass diese Vorsicht aber nicht zur Manie wird, dafür haben Menschen Meditation und  Zen erfunden. Denn Zen entwickelt neben den  bereits weiter oben ausgeführten Fähigkeiten auch Unterscheidungskraft, entwickelt sicheres Auftreten und erarbeitet eine Ausstrahlung, die Menschen anzieht und verzaubert, alles Motive, die gut passen zu und gut zu gebrauchen sind in der heutigen Zeit.
Tägliche Meditationspraxis ist das A und O des Zens, das heißt: sitzen in Kraft und Stille.  Mit Kraft ist hier die Fähigkeit gemeint, mit seiner gesamten Energie und Aufmerksamkeit im Sitzen zu sein, weder zu schlafen noch zu dösen noch zu philosophieren, denn still zu sein erfordert unser ganzes Wesen. Wie schwer es ist, still zu sein, weiß nur der, der es ausgiebig und umfassend versucht hat. Still sein ist der immer wiederkehrende Versuch, einen Moment ohne das Gewölk der Worte auszukommen, immer wieder nach dem Scheitern zurückzukehren und es erneut anzugehen und motiviert die wenigen Phasen des Gelingens diese Zeitspanne auszudehnen. Still sein zu können ist kein erlernbares Wissen, ist keine Fähigkeit, die eingeübt werden kann, sondern ist eine Prägung, eine Haltung, die eingestanzt und eingebrannt werden muss. Das erfordert unsere gesamte Energie, unsere gesamte Aufmerksamkeit, erfordert den Einsatz unseres ganzen Wesens. Das einzuüben und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, das Bewusstsein und das Selbstvertrauen dafür zu schöpfen, die ganze Kraft dafür zu bündeln, das ist Zazen.
Ich weiß nicht, ob ein Zen-Meister diese Zeilen unterschreiben würde, aber das ist meine Ansicht über Zen, für mich der König der Meditationsformen und über Zazen, die Krone der Meditationsübungen. Zazen ist sitzen in Kraft und Stille!




Die Problemstellung in der stillen Meditation

Häufig werden in jedem Leben eines Menschen Problemstellungen auftreten, die nur in einer Entscheidung beantwortet werden können (einfachste Form: soll ich A oder B). Ich möchte mich nachfolgend mit der häufig gestellten Frage beschäftigen, ob es sinnvoll ist, Fragen unter Zuhilfenahme der Meditationsmethode aufzulösen. Dazu werde ich ein stark verallgemeinertes Schema vorstellen, nach deren Abarbeitung ich diese Frage durchaus mit „ja“ beantworten würde.
Günstigstenfalls wird sich die Problemstellung auf eine Frage verdichten lassen, die meist innerhalb der zugehörigen Lebenswelt gestellt und damit auch gelöst werden kann. Will man eine Problemlösung mit Meditation konzipieren, muss zunächst die Fragestellung gut herausgearbeitet, dass heißt vorbereitet werden:
1. Welche Lebenswelt(en) sind betroffen? Im gesellschaftlichen Leben jedes modernen Menschen gibt es mehrere Lebenssphären, die ich allgemein wie folgt darstellen würde: Private persönliche Sphäre (Ich und Selbst); Familie oder Partnerschaft; Arbeitswelt; Berufung (Hobby und Passion)
2. Liegen Erfahrungen und prägende Befindlichkeiten vor, die das Ergebnis der Meditation (als problemlösende Methode) vergiften können?
3. Lässt sich die Problemstellung soweit verdichten oder eingrenzen, so dass klare Alternativen hervortreten?
4. Stehen mir genügend Informationen zur Verfügung oder sollte ich zuvor zusätzliches Studienmaterial heranziehen, bevor ich mit der eigentlichen Entscheidungsarbeit beginnen kann?
Meist verdichtet sich in der Beantwortung der o.g. Vorbereitung die Fragestellung bereits auf eine ganz einfache und mit A oder B zu beantwortende Fragestellung. Diese kann dann in der Meditation gehalten, getragen und später entschieden werden.
Die Meditationsmethode verneint dabei alle unbewusst getroffenen Entscheidungen. Dazu dient die Einladung, sich all seiner Möglichkeiten bewusst zu sein und diese über einen längeren Zeitraum unentschieden zu halten und mit Aufmerksamkeit zu verfolgen, wie das Unbewusste, das auf Konventionen beruht, nörgelnd und drängend zu einer Lösung kommen möchte. Die Unentschiedenheit geht einher mit der strikten Verneinung jeder schnellen Antwort auf die aktuelle Fragestellung. In einer ersten Verweilzeit werden sich nach und nach alternative Antworten und Motive zu den konventionell üblichen dazugesellen. In einer weiteren Stufe wird sich dann eine der Varianten immer mehr in den Vordergrund stellen. Wird diese dann im erneuten Durcharbeiten mit einem Gefühl von Sicherheit und Zuversicht empfunden, kann die Problematik als aufgelöst gelten. Zusammengefasst erscheint diese Vorgehensweise meiner Anschauung nach ein guter Weg zu sein, von Konventionen befreit sich alltäglichen Fragen zu stellen. Nehmen wir als Beispiel eine einfache Frage, wie sie vielleicht alltäglich auftritt:
„Soll ich, wenn der Entscheidungsfall eintritt, A oder B wählen; wenn ich schließe, dass auf A hoffentlich C eintreffen wird und ich D vermeiden kann, weil B zwar statt C immer D zur Folge haben würde, ich dann aber F zusätzlich erreichen könnte.“

Beispiel 1: „Soll ich (als Dieb), wenn der Entscheidungsfall (Polizei fasst mich) eintritt, A (dichthalten) oder B (die Komplizen zu verraten) wählen; wenn ich schließe, dass auf A (dichthalten) hoffentlich C (später einen Anteil an der Beute zu bekommen) eintreffen wird und ich D (der Verlust der Freunde) vermeiden kann, weil B (die Komplizen verraten) zwar statt C (später einen Anteil an der Beute bekommen) immer D (der Verlust der Beute) zur Folge haben würde, ich dafür aber F (eine Strafmilderung) zusätzlich erreichen könnte.“
Beispiel 2: „Soll ich, wenn der Entscheidungsfall (Partner bei Untreue erwischt) eintritt, A (Partnerschaft beenden) oder B (nach einer Karenzzeit verzeihen) wählen; wenn ich schließe, dass auf A (beenden) hoffentlich C (neue Partnerschaft) eintreffen wird und ich D (einen aufzehrenden Streit) vermeiden kann, weil B (verzeihen) zwar statt C (neue Partnerschaft) immer D (ich behalte das Bekannte mit etwas Vertrauensverlust) zur Folge haben würde, ich dann aber F (mehr Beinfreiheit, weil ich etwas gut habe) zusätzlich erreichen könnte.“

Komplexe Sachverhalte mit vielen „wenn und aber“ eignen sich nicht als Thema einer Meditation. Diese Fragen müssen zunächst gedanklich verdichtet werden, was so etwas wie einen wiederkäuenden Prozess darstellt. In vielen Beispielen geht letztlich um die einfache Frage, ob Festhalten am Gewohnten (weitermachen, verzeihen, bleiben) oder Aufbruch zum Neuen (loslassen, aufbrechen) einschließlich aller Konsequenzen stattfinden sollte. Diese Fragestellung dann, so vereinfacht, ist zur Auflösung in Meditation durchaus geeignet.
Sehr nahe verwandt ist diese Verfahrensweise mit der Philosophie Krishnamurtis, die in einem Satz zusammengefasst … „geprägt von einer radikalen Verneinung von Guruismus, Religion und Organisation und ebenso radikaler Bejahung von Freiheit, Lebendigkeit, Aufmerksamkeit“ (Wikipedia) … ausgedrückt werden kann. In dieser Abschauung ist jede Entscheidung, ist jeder Moment und jede Lebenssituation grundsätzlich neu. Im psychologischen Geflecht des Lebens gibt es danach kein Wissen, keine Vorgaben und keine Erfahrung. In der Meditation versuchen wir, genau an diesem Punkt anzukommen.
Das heißt aber nicht, das diese Entscheidung, A oder B in der Meditationszeit gefällt wird. Nein, ganz und gar nicht, denn die Meditationszeit ist immer der zu bewältigenden Aufgabe gewidmet, nämlich im Mantra, im Koan, in der Atemübung oder einfach nur im stillen Sitzen zu sein. Nur wird die Fragestellung mich ständig belästigen, und das ist gut so, denn in der Meditation lernen wir, nicht vorschnell oder unbewusst zu entscheiden, sondern sich auf das Wesentliche, das Zurückkehren zur Aufgabe, zu konzentrieren. Und was in der Meditation gelingt, gelingt mehr oder weniger gut auch in der alltäglichen Zeit. Die Lösung der Fragestellung wird sich in der Offenheit, der Unentschiedenheit sehr bald einstellen, denn die Meditationspraxis schafft kontinuierlich Raum für Neues; und darunter wird auch die Lösung für das aktuelle Problem sein.
In meiner Vorstellung wird so ein Problem in der Meditation gelöst, ohne in der Meditation selbst präsent zu sein. Und mag es auch nach der Quadratur des Kreises klingen, für mich hat sich diese Vorgehensweise schon oft bewährt. Bitte genau lesen: Schon oft, nicht immer! Denn manchmal ist es gut und angebracht, seiner Spontanität freien Raum zu lassen. Aber das -wann Spontanität gut ist und wann besser nicht- ist ein ganz anderes Thema.




Meditationsworkshop – Juli 2015

Die Fragestellung, was Meditation eigentlich sei, wie ihr Wirkungsmechanismus geht oder was man als Meditierender erreichen kann, wurde hunderttausendfach gestellt und zweihunderttausendfach beantwortet. Die Bücher und Beschreibungen zu diesem Thema würden, zusammengetragen, ganze Büchereien füllen können. Und doch ist jedes Mal, wenn für mich Meditation auf meiner Workshop-Liste auftaucht, Vorbereitung und Einstimmung erforderlich. Die Frage, die zur Beantwortung ansteht, heißt jedes Mal: Wie baue ich den WS auf, was will ich wie vermitteln, wo werde ich die Teilnehmer finden oder treffen können und wie kann ich sie dann ein Stück mitnehmen.

In einer früheren Arbeit habe ich versucht, dem Begriff „Meditation“ eine religions- und weltanschauungsfreie Definition zu geben:
Wir suchen in der Meditation nach dem Ruhenden in unserer Mitte im Glauben daran, dass wir so ein Leben ohne vermeidbares Leiden erreichen können. Dazu sind wir bereit, uns ganz und gar einzubringen, sind bereit, uns so anzunehmen, wie wir sind, mit allen Fehlern und allen Schwächen. Indem wir uns selbst erkennen, erkennen wir uns auch in der unauflösbaren Gemeinschaft mit allem anderen. Wir lösen die Knoten der Vergangenheit und gewinnen die Spontaneität eines geistigen Lebens.

Dieses geschah aufgrund der in der Vergangenheit vorherrschenden Gewohnheit, Ziele und Inhalte der Meditation jeweils auf der vorherrschenden religiösen und weltanschaulichen Konvention zu gestalten und man dabei auf Andersdenkende wenig Rücksicht nehmen musste, weil es diese im gewohnt klein strukturierten Umfeld gar nicht gab. Heute sieht das allerdings ganz anders aus, weil im multikulturellen Umfeld einer Großstadt viele Konventionen nebeneinander bestehen müssen. Besonders schwierig wird diese Vielfalt dann, wenn die Meditation als Thema in einem größeren Umfeld wie zum Beispiel einem Yogazentrum angeboten wird, wo Menschen mit Zielen zwischen „ich tue etwas für meine Gesundheit“ bis zu „ich strebe die Erleuchtung an“ in einem Raum zusammensitzen können. Ich möchte daher noch einmal in Kurzform versuchen, meine Intention für den Workshop „Meditation“, den ich in unserem Yogazentrum anleiten werde, zu formulieren.

Meditation ist ein elementarer Bestandteil des Yoga und kann daher auch aus seiner Praxis nicht eliminiert werden. Neben dem Willen, etwas zu seiner Entwicklung zu tun (Philosophie), neben dem Versuch, seinen Körper gesund, fühlend und kommunizierend zu erhalten (Asana-Praxis) und neben dem Bestreben, seine Stimmungen und Gefühlswallungen erfahrbar und veränderbar zu gestalten (Pranayama) ist die Arbeit an Gewohnheiten und Konventionen (Meditation) ein maßgebliches Ziel der Yogapraxis. Erst die Summe der genannten Techniken kann die Erreichung eines gesetzten Zieles bewirken, und die Meditation ist dabei so etwas wie der „Deckel auf dem Topf“. Sie schließt die Entwicklung, vollzieht die Veränderung, rundet den Eingriff ab. Und dabei ist, so unplausibel das auch klingen mag, die Formulierung des Zieles relativ unbedeutend.

Wenn wir uns auf die Matte begeben und uns ernsthaft mit der Praxis befassen, wollen wir etwas verändern, und dabei ist es nicht wichtig, ob wir nur unsere „körperlichen Schwächen“, unsere „psychischen Defizite“ oder eine „bewusstseinserweiternde Entwicklung“ in Sinn haben, die Zutaten sind immer gleich: Raum, Zeit(losigkeit) und Bewusstsein. Das Rezept allerdings, oder die Weise, wie die Zutaten in der Tagespraxis zu mischen sind, sind immer verschieden, denn jeder kann jetzt nur mit dem arbeiten, was sie/er jetzt gerade vorfindet. Das ist in einer theoretischen Form schwer zu verstehen und ebenso schwer zu formulieren. Lassen Sie mich also versuchen, das systemische Gebilde am Beispiel „Zeit“ zu erläutern.

Zeit ist etwas, was dem modernen Menschen kostbar und wertvoll ist, und in der Regel ist sogar die Methode, die zu mehr „Zeit haben“ führen könnte, also Yoga, aus Zeitgründen meist nicht ausreichend verwirklichbar. „Zeit haben“ ist nämlich nicht mit „mehr Zeit haben“ im Sinne von „mehr Geld besitzen“ zu definieren, weil der Tag eben nicht unendlich erweiterbar ist. Hier spielt uns die Sprache – die nebenbei gesagt nur eine Konvention ist – einen Streich. Mehr Zeit haben geht nur dann, wenn ich mich von dem löse, was meine Zeit bedrängt, wenn ich mich von dem löse, was mein zeitliches Erleben unübersichtlich und unüberschaubar macht und wenn ich erkenne, worin dieses Bedrängt sein besteht. Der Mensch ist ein sich selbst gestaltendes (autopoietisches) Wesen und kann daher von außen nur von Aggression bedrängt werden. Alle anderen bedrängenden Wahrnehmungen sind selbst gestaltet und daher auch veränderbar. Hier gilt das nachfolgende Rezept:

  • erkennen (erfühlen, wahrnehmen)
  • bedenken (reflektieren, nach Möglichkeiten suchen)
  • störendes beseitigen (unterlassen, verändern, gestalten)
  • erwünschtes fördern (üben, verbessern, erweitern)
  • neues eingliedern (Überzeugungsarbeit leisten, verzichten)
  • das Leben gestalten im neuen Gewand
      • Die Fragestellungen im Workshop selbst werden sich dem folgend auf nachfolgende Themen beziehen:

        • Welche Werkzeuge kann ich zur Korrektur der Sitzhaltung verwenden? Für die Korrektur der Haltung werde ich die Konzentration auf das Sitzen ansprechen (Apana-Effekt). Weiterhin wird das Zusammenführen der Fingerkuppen (Daumen, Daumen/Zeigefinger) thematisiert.
        • Sollte oder muss ich sogar in der Meditation mit einem Lehrer arbeiten? Die Antwort kann nur geteilt dargestellt werden: Für Menschen mit wenig Selbstvertrauen würde ich zur Zusammenarbeit mit einem Lehrer raten. Ansonsten ist die Arbeit auch ohne Führung möglich. Allerdings würde ich dazu raten, mit anderen Übenden in Kontakt zu sein.
        • Wie lange und wie oft und wann sollte ich meditieren? In der Regel ist der Morgen eine günstige Zeit. Allerdings sind persönliche Anlagen zu berücksichtigen (Schlafgewohnheiten, Belastung, Zeitkontingent, Umfeld).
        • Ist es möglich, Problemstellungen in die Meditation einzubringen? Im Prinzip: Ja. Allerdings wäre es sinnvoll, die Problemstellung zu einer einfachen Frage zu formulieren und diese unbeantwortet in die Meditation mitzunehmen. Zügige Antworten, die aufleuchten, werden stets verworfen. Die richtige Antwort wird sich später einstellen und man erkennt sie intuitiv.

    Für den Workshop wünsche ich mir eine angenehme, entspannte und sehr offene Atmosphäre. Es wird ein kurzweiliger Nachmittag werden!




Workshop-Info zu „Stille Meditation“

Wie jeden ersten Sonntag im Monat fand auch am 5. August 2012 wieder ein Workshop statt. Das Thema diesmal: „Die Stille Meditation“

Die Fragestellung, was Meditation eigentlich sei, wie ihr Wirkungsmechanismus geht oder was man als Meditierender erreichen kann wurde wohl schon hunderttausendfach gestellt und mindestens zweihunderttausendfach beantwortet. Die Bücher und Beschreibungen zu diesem Thema würden, zusammengetragen, ganze Büchereien füllen können. Und doch ist jedes Mal, wenn für mich Meditation auf der Workshopliste auftaucht, erneute Vorbereitung und Einstimmung erforderlich. Die Frage, die zur Beantwortung ansteht, heißt jedes Mal: Wie baue ich den WS auf und was will ich wie vermitteln.

In einer früheren Arbeit habe ich versucht, dem Begriff „Meditation“ eine religions- und weltanschauungsfreie Definition zu geben:

Wir suchen in der Meditation nach dem Ruhenden in unserer Mitte im Glauben daran, dass wir so ein Leben ohne vermeidbares Leiden erreichen können. Dazu sind wir bereit, uns ganz und gar einzubringen, sind bereit, uns so anzunehmen, wie wir sind, mit allen Fehlern und allen Schwächen. Indem wir uns selbst erkennen, erkennen wir uns auch in der unauflösbaren Gemeinschaft mit allem anderen. Wir lösen die Knoten der Vergangenheit und gewinnen die Spontaneität eines geistigen Lebens.

Dieses geschah aufgrund der in der literarischen Vergangenheit vorherrschenden Gewohnheit, Ziele und Inhalte der Meditation jeweils auf der vorherrschenden religiösen und weltanschaulichen Konvention zu gestalten. Dabei musste man auf Andersdenkende wenig Rücksicht nehmen, weil es diese im gewohnt klein strukturierten Umfeld gar nicht gab. Heute sieht das allerdings etwas anders aus, weil im multikulturellen Umfeld einer Großstadt viele Konventionen nebeneinander bestehen müssen. Besonders schwierig wird diese Vielfalt dann, wenn die Meditation als Thema in einem größeren Umfeld wie zum Beispiel einem Yogazentrum angeboten wird, wo Menschen mit Zielen zwischen „ich tue etwas für meine Gesundheit“ bis zu „ich strebe die Erleuchtung an“ in einem Raum zusammensitzen können. Ich möchte daher noch einmal in Kurzform versuchen, meine Intention für den Workshop „Meditation“ zu formulieren.

Meditation ist ein elementarer Bestandteil des Yoga und kann daher auch aus seiner Praxis nicht eliminiert werden. Neben dem Willen, etwas zu seiner Entwicklung zu tun (Philosophie), neben dem Versuch, seinen Körper gesund, fühlend und kommunizierend zu erhalten (Asanapraxis) und neben dem Bestreben, seine Stimmungen und Gefühlswallungen erfahrbar und veränderbar zu gestalten (Pranayama) ist die Arbeit an Gewohnheiten und Konventionen (Meditation) ein maßgebliches Ziel der Yogapraxis. Erst die Summe der genannten Techniken kann die Erreichung eines gesetzten Zieles bewirken, und die Meditation ist dabei so etwas wie der „Deckel auf dem Topf“. Sie schließt die Entwicklung, vollzieht die Veränderung, rundet den Eingriff am Selbst ab.

Wenn wir uns auf die Matte begeben und uns ernsthaft mit der Yogapraxis befassen, wollen wir etwas verändern, und dabei ist es nicht wichtig, ob wir nur unsere „körperlichen Schwächen“, unsere „psychischen Defizite“ oder eine „bewusstseinserweiternde Entwicklung“ in Sinn haben, die Zutaten sind immer gleich: Raum, Zeit(losigkeit) und Bewusstsein. Das Rezept allerdings oder die Weise, wie die Zutaten in der Tagespraxis zu mischen sind, sind immer verschieden, denn jeder kann jetzt nur mit dem arbeiten, was sie/er jetzt gerade in sich selbst vorfindet. Das ist in einer theoretischen Form schwer zu verstehen und ebenso schwer zu formulieren. Lassen Sie mich also versuchen, das systemische Gebilde am Themenbeispiel „Zeit“ zu erläutern.

Zeit ist etwas, was dem modernen Menschen kostbar und wertvoll ist, und in der Regel ist sogar die Methode, die zu mehr „Zeit haben“ führen könnte, also Yoga einschließlich Meditation, aus Zeitgründen meist nicht ausreichend verwirklichbar. „Zeit haben“ ist nämlich nicht mit „mehr Zeit haben“ im Sinne von „mehr Geld besitzen“ zu definieren, weil der Tag eben nicht unendlich erweiterbar ist. Hier spielt uns die Sprache – die nebenbei gesagt nur Konvention ist – einen Streich. Mehr Zeit haben geht nur dann, wenn ich mich von dem löse, was meine Zeit bedrängt, wenn ich mich von dem löse, was mein zeitliches Erleben unübersichtlich und unüberschaubar macht und wenn ich erkenne, worin dieses Bedrängt sein besteht. Der Mensch ist ein sich selbst gestaltendes (autopoietisches) Wesen und kann daher von außen nur von Aggression bedrängt werden. Alle anderen bedrängenden Wahrnehmungen sind selbst gestaltet und daher auch veränderbar. Hier gilt das nachfolgende Rezept:

1. erkennen (erfühlen, wahrnehmen)
2. bedenken (reflektieren, nach Möglichkeiten suchen),
3. störendes beseitigen (unterlassen, verändern, gestalten),
4. erwünschtes fördern (üben, verbessern, erweitern),
5. neues eingliedern (Überzeugungsarbeit leisten, verzichten),
6. das Leben gestalten im neuen Gewand

Die Fragestellungen, die im Workshop gestellt wurden, bezogen sich auf nachfolgende Themen, wobei ich versucht habe, die Antwort dazu in kürzester Form wiederzugeben:

1. Welche Werkzeuge kann ich zur Korrektur der Sitzhaltung verwenden?
Für die Korrektur der Haltung haben wir die Konzentration auf das Sitzen angesprochen (Apana-Effekt). Weiterhin wurde das Zusammenführen der Fingerkuppen (Daumen, Daumen/Zeigefinger) thematisiert.
2. Sollte oder muss ich sogar in der Meditation mit einem Lehrer arbeiten?
Die Antwort konnte nur geteilt dargestellt werden: Für Menschen mit wenig Selbstvertrauen würde ich zur Zusammenarbeit mit einem Lehrer raten. Ansonsten ist die Arbeit auch ohne Führung möglich. Allerdings würde ich dazu raten, mit anderen Übenden in Kontakt zu sein.
3. Wie lange und wie oft und wann sollte ich meditieren?
In der Regel ist der Morgen eine günstige Zeit. Allerdings sind persönliche Anlagen zu berücksichtigen (Schlafgewohnheiten, Belastungen, Zeitkontingente, Umfeld).
4. Ist es möglich, Problemstellungen in die Meditation einzubringen?
Im Prinzip: Ja. Allerdings wäre es sinnvoll, die Problemstellung zu einer einfachen Frage zu formulieren und diese unbeantwortet in die Meditation mitzunehmen. Zügige Antworten, die aufleuchten, werden stets verworfen. Die richtige Antwort wird sich einstellen und man erkennt sie intuitiv.

Der Workshop fand in einer angenehmen, entspannten und sehr offenen Atmosphäre statt und ich danke allen Teilnehmer(innen) für einen kurzweiligen Nachmittag!
(HS-120808)