Eine dritte Ode an die Un-Entschiedenheit: Stille Meditation

Ich werde immer mal wieder mit einer Situation konfrontiert, Stellung beziehen zu müssen zu Themen, die für mich nicht entschieden sind, die für mich (noch ?) offen sind. Dabei ist es relativ gleich-gültig, ob das Themen der aktuellen Politik, der Religion, des Sports, der Ernährung, der Weltsicht oder gar der Seins-Philosophie sind. Ich möchte hier darlegen, warum die Unentschiedenheit, der ich damit den dritten Teil einer mehrstrophigen Ode 1 widme, in all diesen Fragen so ungeheuer wirksam und vorteilhaft ist. Erläutern möchte ich das hier an Ansichten über die Meditation. Dieses Wort ist heute so durchgestaltet, verbreitet und missbraucht, das sich der eigentliche Sinn, wie er sich aus der Überlieferung ergibt, sich so gut wie nicht mehr auffinden lässt.

Der Artikel ist (leider) etwas länger geworden, als ich das beabsichtigt hatte, aber: Ich konnte es mit weniger Worten nicht so ausdrücken, wie es mir in den Sinn kam.

Die Unentschiedenheit, mit der wir leben müssen, …

… wenn wir Meditation praktizieren. Was ich hier zu beschreiben versuche ist, meine Erfahrung zu Papier zu bringen, ohne dabei zu Überhöhen oder zu Untertreiben oder mich in Nachbetungen zu erschöpfen. Meditation ist eine Lebenspraxis, die offen, der Buddhist würde sagen, „leer“ ist. Es gibt kein Ziel, keine Methode usw, es gibt zunächst nur das persönliche Motiv, das im Grunde genommen sehr unterschiedlich sein kann. Ich empfehle, am Anfang alle in Frage kommenden Motive zu nutzen, um die Praxis zu beginnen, und dann nach der Einrichtung der Gewohnheit eines nach dem anderen zu negieren, neudeutsch: zu canceln, um dann ohne Vorgabe, ohne Zielvorstellung und ohne Rezept… in sein Sitzen gehen zu können. xX

Auch die Bestätigung eines Meditations-Meisters erhalten zu wollen, die Bestätigung also, die meditative Praxis erreicht/erklommen zu haben, ist bereits ein Konzept. Also, alles gezielt Angestrebte ist in meiner Vorstellung alles mögliche, aber nicht Meditation. Sie erfordert also eine oftmals sehr lange Vorbereitungsphase, erfordert viele Versuche mit meist bescheidenem Ausgang, wird hier und da Verwirrung, Sorge und Ernüchterung erzeugen und bedarf daher Mut, Hartnäckigkeit und einen sehr langen Atem. Es darf nicht entscheidend sein, ob die Praxis ein Gefühl des Gelingens oder Misslingens erzeugt. Ich betrachte sie als eine Lebenspraxis, in etwa so wie das Atmen, das Schlafen und das, um ein Motiv der modernen Kultur zu nennen, Zähneputzen. Meditation ist und bleibt ein „Weg in unbekanntes Terrain“, nicht vorgegeben, nicht planbar und auch nicht zu irgendwelchen Zwecken gut. Meditation ist Meditation, ist Zazen, ist Sitzen, ist „leer“ im buddhistischen Sinne, also nicht beschreibbar. Und das ist gut so!

Im nachfolgenden Text versuche ich diese durchaus gewagten Aussagen aus meiner Sicht zu begründen. Es ist, wie gesagt, meine persönliche Ansicht, wie sie gerade eben, wo ich das hier schreibe, vorliegt. Vielleicht kann sich diese schon morgen ändern/geändert haben. Beginnen möchte ich mit der Beschreibung der Meditation in Wikipedia. Es folgt eine Kritik der dort gemachten Aussagen und im Text eingebettet, wie ich das alternativ zu Wikipedia bzw. dem Schreiber dort sehe und praktiziere.

Meditation in Wikipedia:

Meditation bezeichnet eine Gruppe von Geistesübungen, die in verschiedenen Traditionen seit Jahrtausenden überliefert sind. Ein wesentliches Element meditativer Techniken ist das bewusste Steuern der Aufmerksamkeit. Das Üben von Meditation soll nachhaltige positive Veränderungen im Denken, Fühlen und Wahrnehmen bewirken oder zu bestimmten religiös definierten Einsichten und Zuständen führen. Effekte von Meditationstraining auf Kognition, Emotionen, Hirnfunktion, Immunsystem, Epigenetik sowie auf die psychische Gesundheit sind wissenschaftlich belegt. Meditation ist ein zentrales Element in verschiedenen Religionen, insbesondere dem Buddhismus, wie auch im Hinduismus, Konfuzianismus und Christentum. Seit dem 20. Jahrhundert wird Meditation zunehmend auch in der westlichen Welt praktiziert und wissenschaftlich erforscht.

Nun ist Meditation eine Sache, die sich meiner Ansicht nach so materialistisch ausgeformt/-gestaltet nicht darstellen lässt, denn im Grunde ist ein Nutzen dieser Praxis weder wissenschaftlich belegbar noch kann sie bestimmten Zielen in Form einer Technik, die zu einem vorgegebenen Ziel führt, zugewiesen werden. Natürlich hat das Sitzen in Stille Veränderungen in Körper und Geist (beide sind eine Einheit…) zur Folge, aber, und das ist mehr als entscheidend, können diese nicht bewusst herbeigeführt werden. Aber genau das wäre Wissenschaft: Wenn ich A tue und verfolge, passiert B. Und ich kann das in einem validen Verfahren jederzeit erneut belegen. Denn: Niemand kann vorhersagen, wie sich Meditation auf das Sein eines Menschen auswirkt. Es ist ja gerade dieses Nicht-Wissen-Können, das zur „Technik/Gewohnheit“ wird und in meiner Erfahrung kann eine Praxis desselben nicht planmäßig angestoßen werden, auch wenn viele Bücher und Veröffentlichungen das dem Leser so mehr oder weniger geradezu in den Mund legen.

a. Es geht in der Meditation sinnvoller Weise doch zunächst einmal um die äußere Form. Jeder Einsteiger wird das sehr deutlich körperlich erfahren. Still sitzen über einen Zeitraum von mehreren Abschnitten, die sich in der Summe nur in Stunden ausdrücken lassen, ist eine Praxis, die sich so einfach schon allein körperlich nicht umsetzen lässt. Einschlafende Beine, wegdämmern, dösen, einschlafen und damit verbunden Rücken- und Beinschmerzen werden jede meditative Stimmung verderben.

b. Dann geht Meditation, so sie denn gelingt (s.u.), in Bewusstseinsschichten hinein, die dem alltäglichen Geist sprich Verstand unzugänglich sind. Aber diese sind nicht, wie viele Schriften vermuten lassen, in einem wie immer auch gestalteten Jenseits angesiedelt, sondern sie sind hier, in dieser Welt, in diesem Körper, in dieser Persönlichkeit. Sie transzendent zu nennen ist verschroben, um einen sanften Ausdruck zu gebrauchen, denn Transzendenz 2 liegt, wie der Name schon sagt, jenseits des Bewusstseinsfensters, das sich einer Persönlichkeit öffnen kann. Auch sehe ich nicht, das man ein Bewusstsein so wirklich eindeutig in verschiedene Abschnitte wie ein Offenes-Bewusstsein, ein Unter-Bewusstsein und dazu noch in ein Un-Bewusstes trennen kann. Auch hier ist der Begriff 3 bereits so geprägt, das weder eine Definition und folgerichtig daher auch keine Unterteilung möglich erscheint. Solcherlei Einteilungen und Spitzfindigkeiten entbehren jeglicher wahrnehmbaren und/oder wissenschaftlichen Basis.

  1. Ode = Liedtext
  2. Transzendenz (von lateinisch transcendentia „das Übersteigen“) beschreibt den Bezug auf einen Gegenstandsbereich, der jenseits möglicher Erfahrung bzw. vorfindbarer Wirklichkeit liegt. Wikipedia.de
  3. Bewusstsein (abgeleitet von dem mittelhochdeutschen Wort bewissen im Sinne von „Wissen über etwas habend“,lateinisch conscientia „Mitwissen“ und altgriechisch syneídēsis „Miterscheinung“, „Mitbild“, „Mitwissen“, synaísthēsis „Mitwahrnehmung“, „Mitempfindung“ und phrónēsis „bei Sinnen sein, denken“) ist im weitesten Sinne das Erleben mentaler Zustände und Prozesse. Eine allgemein gültige Definition des Begriffes ist aufgrund seines unterschiedlichen Gebrauchs mit verschiedenen Bedeutungen schwer möglich. Wikipedia.de
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