Eine dritte Ode an die Un-Entschiedenheit: Stille Meditation

c. Dann kann man mit einer geistigen Tätigkeit 1 keine materiellen Änderungen erzeugen. Das ist nach wie vor und ich fürchte für lange Zeit noch eine SF-Vision. Meditation kann nur hervorbringen, was schon da ist. Dazu werden für die Meditation die verschiedensten Techniken und Werkzeuge vermittelt. Das ist sicherlich ein guter Weg für den Einstieg, aber schon in der Phase der Festigung, wenn die Meditation also wie das Zähneputzen zur alltäglichen Praxis wird, kann mit den unterschiedlichen Konzentrationen 2 nicht mehr sinnvoll gearbeitet werden. Jede Konzentration bedarf des Denkens, bedarf der Sprache, legt fest und verdeckt/verschleiert so das Unbekannte. Sie sind daher alles andere als offen.

d. Was bitte sehr hat Meditation mit Epigenetik 3 zu tun. Der Einfluss der Umwelt auf die Gene wird beim stillen Herumsitzen nicht anders sein als wenn ich im Garten in aller Stille Unkraut jäte oder wenn ich im Büro eine Excelliste bearbeite. Wenn Meditation wirksam die Gesundheit verbessert, wie oftmals wissenschaftlich behauptet und wie das von vielen Menschen auch bestätigt wird, was ich auch tue, hat das natürlich auch Einfluss auf das Erscheinungsbild des Menschen allgemein als auch auf die Hirnfunktion und die Reaktionen auf die Umwelt, aber auch auf die Verdauung, auf das Nagelwachtum und alle anderen Erscheinungsänderungen. Auch ist bei guter Gesundheit bestimmt ein Stimmungswechsel zum positiven hin zu verzeichnen, der sich so bei Krankheit nicht zeigen wird. Ich halte die Phrasen zur Epigenetik und Hirnfunktion für den Versuch, der Wissenschaft eine Legitimierung zu geben, die sie aufgrund der Fremdheit des Geschehens gar nicht haben kann. Denn fremd sind der Wissenschaft die Aussagen von Meditierenden, dass 1. Meditation weder etwas mit Denken noch mit Wissen zu tun hat, das 2. Meditation nicht gewollt herbeigeführt werden kann und 3. eine Ebene beschreibt, die nichts mit Raum und Zeit zu tun hat, also keine Gegenstände noch deren Benennung kennt. Nichts im Hirn zeigt Meditation messbar an, außer, das der Mensch sehr ruhig wird 4, was beim langen Stillsitzen oder ausgeprägten Ruhezeiten ja auch nicht außergewöhnlich ist. Wo soll die Unruhe dabei herkommen? Vom Geist vielleicht? Und wie wird der im Gegensatz zu Hirnaktivität gemessen? In Alpha-, Beta- oder Gamma-Wellen vielleicht? Ich halte die Aussagen der Wissenschaften für sehr gewagt, wenn nicht sogar anmaßend.

Zu a. Die äußere Form der Meditation (Sitzen, Zazen)

Meditation bedarf der körperlichen Ruhe und der Abgeschiedenheit, denn der Übende braucht sozusagen Platz in seinem Bewusstseinsfenster. Der abgesonderte Meditationsplatz, störungsfrei gestaltet, führt die Sinne in einen Ruhezustand. Meist sind die Augen geschlossen oder halb geöffnet, der Körper bewegt sich äußerlich nicht und ruht fest in seinem Sitz für eine ziemlich lange Zeit. Das alles sind Umstände, in die zu wechseln ein Mensch, der innerhalb einer Zivilisation eingebunden lebt, so ohne weiteres nicht imstande sein kann. Aus einem ereignisreichem Tag, gefüllt mit Ansprachen, Gesprächen, Wahrnehmungen, Lernen und all den lebensnotwendigen Verrichtungen in eine Form zu wechseln, die nahezu als „leer“ beschrieben werden kann ist also die erste Aufgabe, die eine Praxis anzustreben hat. Das braucht Zeit und Übung. Dazu braucht es in jedem Fall zunächst einmal eine Sitzhaltung, die auch bereit ist, still zu sein. Meine Überlegung geht dahin, das körperlich still sein nur dann gelingt, wenn es dem Körper gut geht und ihm alles zur Verfügung steht, was er braucht. Also empfehle ich, zunächst einmal lange Zeit darauf zu verwenden, einen Sitz entsprechend zu gestalten. Verspannungen, die Schmerzen erzeugen, Fehlhaltungen, die weder Atem noch Kreislauf frei laufen lassen, sind in jedem Fall zu meiden. Auch sollten weder Beine noch Arme einschlafen, sollte der Geist nicht dösen oder sogar wegdämmern, sollte das Denken auch nicht sich mit Alltäglichem beschäftigen. Mir hilft nach wie vor, mich immer wieder auf das Sitzen zu konzentrieren, wenn ich bemerke, das anderes geschieht.

Ich habe lange daran gearbeitet, mir die Lotushaltung als Sitz zu erarbeiten, denn diese ist besonders geeignet, fest und mühelos zu werden. Fest ist der Lotus deshalb, weil hier zwischen Hara und Perineum ein Spannungsgefälle entsteht, das die Arbeit des Aufgerichtet-Seins übernimmt und so Mühelosigkeit im Sitzen erschließt. Andere Sitzhaltungen sind da in meiner Erfahrung bedeutend aufwendiger gestaltet. Soweit zunächst einmal die äußere Form einer Meditation, wie ich sie sehe. Wir brauchen einen stillen und störungsfreien Ort, brauchen einen tragfähigen Sitz und die Bereitschaft, vom Alltag loszulassen.

Zu b. Offenheit heißt Abwesenheit von Vorstellungen

Wenn wir uns genau vorstellen, was oder wohin uns Meditation führen wird, gelingt sie nicht. Das sagen alle Äußerungen von Meditationsmeistern (Zen, Yoga, Buddhismus). Also sollten wir das ganze Wissen um… und Wünschen zu… einfach sausen lassen und uns einfach, heißt ausschließlich, nur dem Sitzen zuwenden. Was darin geschieht, geschieht, Punkt. Wir können zwar den Körper stillhalten, aber wir können weder das Hören noch das Sehen und schon gar nicht das Denken abstellen. Und unser Körper erzählt im Stillsitzen unaufhörlich, wie es ihm geht und was er gerne verändern würde. Trotz dieser Störungen/Impulse, die immer da sind, bleibt der Übende in seiner Betrachtung unfixiert, das heißt, er hört, sieht, denkt mehr oder weniger unaufhörlich, aber das Geschehen findet wenig zielgerichtete Beachtung und wird zunehmend wie das Grundrauschen eines Radios oder einer Stadt wahrgenommen. Unfixiert heißt, weder ordnend, bewertend noch in Worte fassend, wird dieses Rauschen als Hintergrund zugelassen. Der Rest des Wahrnehmungsfensters ist offen, nicht gefüllt oder leer. Wir wissen nicht, was dort erscheint, haben keine Vorstellung davon, was kommen soll oder nicht kommen soll, sind weder voll einer Erwartung noch einer Furcht. Und so geht das weiter bis zum nächsten Gedanken, nächsten Bild, nächsten Ton oder der nächsten Körperwahrnehmung.

Eine Methode, mit Störungen umzugehen

Definition: In den nachfolgenden Zeilen wird das Wort Unfixiertheit oftmals verwendet. Das Wort beschreibt in meinem Denken einen Zustand der Wahrnehmung, der sich auf nichts, was einen Namen trägt oder in Worten sich ausdrücken lässt, konzentriert ist. Die Wahrnehmung ist dabei vergleichbar mit einem Film, der ununterbrochen im Bewusstseinsfenster abläuft. Da der Film keine nachvollziehbare Ereigniskette beschreibt, die spannend, interessant oder außergewöhnlich daher kommt, läuft er einfach so ohne große Gedankenwellen ab. Ich könnte auch sagen, er ist ganz einfach alltägliche Normalität, vielleicht sogar als langweilig zu beschreiben und ganz bestimmt wenig abwechslungsreich. Der Film bezieht sich auf nichts und sagt, da er keinen Grund kennt, auch nichts aus. Er ist, wie der Buddhist sagen würde, leer.

Wenn wir die Augen geschlossen haben, sehen wir auch immer noch ein Bild. Das ist zwar wenig spannend, aber es erzeugt, bewusst geschaut, eine Konzentration. Wir sollten aber den Inhalt des Bildes nicht erfassen, nicht in Worte oder Beschreibungen, nicht in Bewertungen oder Vor-/Abneigungen einkleiden, sondern einfach als diffuses Bild ohne Inhalt stehen lassen. Das Betrachten des Bildes ist damit für mich eine Technik, die zum Beispiel in der Lage ist, einen Gedankenstrom, einen Strom des Denken zu unterbrechen und/oder sogar abzustellen. Ist das Geschehen, was in relativ kurzer Zeit geschieht, kehrt der Übende wieder zur Unfixiertheit zurück.

Gleiches wie die Bilder der Augen sind die Geräusche des Hörens. Auch hier kann das Geschehen nicht abgestellt werden. Wir hören immer. Auch hier entsteht eine Technik, wenn sich die Konzentration zum Hören zieht. Auch hier werden die Geräusche weder geordnet noch zum Verständnis seiner Hintergründe geführt, sondern wir hören Töne, Punkt. Und wenn so verwendet, kehrt der Übende wieder zur Unfixiertheit zurück.

Wir haben einen Körper, der ständig Wahrnehmungen absondert. Es entsteht ein Prickeln hier und ein Zucken dort, hier eine Strömung, dort ein aufleuchtender Nerv, die Verdauung, der Atem und der Kreislauf sind allgegenwärtig. Wird eine dieser Wahrnehmungen zur Last, ragt also aus dem Hintergrundrauschen der Sinne deutlich hervor, wird bei mir zum Beispiel ein Wechsel zur Gestaltung des Sitzens erfolgen. Ich gehe dann zum Spannungsfeld zwischen Hara und Perineum und gestalte kurz und zügig meine Aufrichtung neu, indem ich mich energetisch (ist trotzdem unbewegt…) neu ausrichte. Dann nach wenigen Änderungen komme ich wieder zur Unfixiertheit zurück.

Die häufigste und daher auch wichtigste Störung ist das Aufkommen von Gedanken. Diese können aus dem Alltäglichem kommen, aus der Erinnerung an frühere Zeiten oder auch aus Motiven entstehen, die irgendwann durch Medien zugeführt wurden. Die Methode der Wahl ist es, den angekommenen Gedanken nicht weiter zu verfolgen oder gar ein darauf aufbauendes Gedankengebäude zu errichten, sondern ihn einfach stehen zu lassen. Gelingt das, wird der Gedanke sich ebenso unaufdringlich zurückziehen wie er auch gekommen ist. Gelingt es nicht, gehe ich zu einer der anderen Sinneswahrnehmungen hinüber und höre einem Moment bewusst oder sehe das Bild. Auch der Gang zurück zu Wahrnehmung bzw. Gestaltung des Sitzens ist ein guter Wechsel, der Gedanken abblitzen lässt. Nach wenigen Augenblicken aber gehe ich wieder zur Unfixiertheit zurück.

  1. Geist heißt ja deshalb Geist, weil er keine materielle Erscheinung ist. HpS
  2. Jede Technik ist im Grunde genommen (nur) eine Konzentration.
  3. Die Epigenetik ist das Fachgebiet der Biologie, das sich mit der Frage befasst, welche Faktoren die Aktivität eines Gens und damit die Entwicklung der Zelle zeitweilig festlegen. Sie untersucht die Änderungen der Genfunktion, die nicht auf Veränderungen der Sequenz der Desoxyribonukleinsäure, etwa durch Mutation oder Rekombination, beruhen und dennoch an Tochterzellen weitergegeben werden.Wikipedia (DE)
  4. Was das EEG mit elektromagnetischen Wellen von 8-13,9 Hz also eine Ruhefrequenz sprich Alpha-Wellen anzeigt.
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