Es sind Interpretationen, die den Fluss zum Stehen bringen…

Im spirituellen Umfeld sind Sätze, die mit „Ich“ anfangen, oft verpönt. Und meist wird dieses „Ich“ dann nicht als Subjekt, sondern als Objekt betrachtet, wie zum Beispiel im Zen in der Frage: „Was bin ich?“ Was aber bedeutet das? Für mich ist das eine der schwierigsten Fragen, die ich kenne.

In unserer Sprache ist die Trennung von Subjekt (Ich sehe/denke/bin…) und Objekt (das Gesehene/Gedachte/Seiende…) selbstverständlich. Daher beginnen viele Sätze mit „Ich…“ und deuten von da auf ein Objekt. Subjekt und Objekt bewohnen so verwendet nicht die gleiche Welt. Für das Subjekt ist alles, was nicht-Subjekt ist, Welt. Es gibt daher immer ein „Ich“ und eine „Welt“. Bin ich aber nicht auch in der Welt, bin ich nicht sogar ein Teil der Welt, gehört also „Ich“ nicht zur Welt und die Welt nicht ebenso zum „Ich“? Immanenz nennt die Wissenschaft dieses Phänomen, das wir aber aus meist praktischen Gründen in unserer Sprache stets missachten. Man nennt das Dualismus. Und Dualismus ist eine Setzung, die uns das logische Denken, dem wir folgen (wollen), auferlegt. Geht das nur so? Diese Frage beschäftigt mich seit langem.

Nach unserer Logik ist Sein ein absoluter Begriff. Und Aristoteles hat festgelegt, das „zu sein“ nicht gleichzeitig „nicht zu sein“ bedeuten kann. Nehmen wir den Menschen als Ding, so ist er jetzt im Augenblick ganz sicher im Sein. In 200 Jahren allerdings wird er das wohl nicht mehr sein können. Der Zustand des „nicht-Seins“ wird also mit großer Sicherheit entstehen. Wie geht das aber dann, vom „Sein“ ins „Nicht-Sein“ hinüberzuwechseln, wenn das nach unserer Logik gar nicht langsam und kontinuierlich geschehen kann, denn für einen Übergang müsste „Sein“ dann das „nicht-Sein“ ja bereits enthalten, um hinüber wechseln zu können. Nach Aristoteles und auch nach heutiger Auffassung geht das nicht, ist das unlogisch. Nun sind solche Fragen philosophischer Natur und für Otto-Normal keine ernsthaft zu betreibenden Problemfälle. Wir sterben einfach, basta. So ist das eben! Das „Warum sterben wir?“ und auch die Frage nach dem „Danach“ sind nicht so wichtig. Trotzdem, diese Frage liegt oft und ganz besonders in der Aktualität wie ein Stein im Rucksack der Seele, bringt die Unsicherheit und Ungewissheit doch die alltägliche Angst hervor, die allgemein üblich in unserem Kulturkreis mit dem Tod verbunden wird. „Sein“ kann nicht als absolut gesetzt werden. Trotzdem verwenden wir es genau so, warum? Was fehlt? Müsste zwischen „Sein“ und „nicht-Sein“ nicht ein Übergang gesetzt werden, der so etwas wie Dauer besitzt? Lässt das unsere Sprache überhaupt zu?

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