Es sind Interpretationen, die den Fluss zum Stehen bringen…

In unseren Sprachen sprechen wir gerne, wenn wir die Welt und ihr Dasein positiv überhöhen, von Schöpfung, was nichts anderes bezeichnet als entweder von Gott gemacht oder aus sich selbst entstanden, je nachdem welche Religion oder Weltanschauung der These zugrunde liegt. Im Gegensatz zur Schöpfung ist die Welt meist schlecht und unvollkommen, entweder durch den Menschen selbst gemacht 1 oder durch den Einfluss von Stimmungen wie Habgier, Hass und Neid 2, die scheinbar aus dem Nichts plötzlich auftauchen und die Welt vergiften. Die Schöpfung selbst ist meist vollkommen und wird nur durch falsches Denken, falsches Benehmen, durch falsche Geschichten oder Erzählungen verdunkelt und muss daher nur befreit werden, um wieder ein Paradies zu sein. Besonders große Organisationen berufen sich gerne auch die Schöpfung und geben vor, Verwalter und Befreier derselben zu sein. In der Historie erleben wir diese meist so in Szene gesetzt, das sie durch den Glauben an diesen Anspruch große Macht gewonnen hatten und haben und diese stets zu missbrauchen verstanden. Ich selbst halte es daher mit Krishnamurti, der eine Organisation als Träger von Weisheit als nicht vereinbar/machbar verstand.

Und dann müssen wir noch über unser Verständnis von Zeit reden. Zeit, das sind sich sogar die Wissenschaft und die Esoterik einig, gibt es nicht. Zeit ist ein Konstrukt des Menschen, eine Erfindung des Menschen. Nicht umsonst hat die Wissenschaft die Zeit erst an der Bewegung und dann an dem Raum festgezurrt. Die Natur kennt nur einen Wechsel der Jahreszeiten, die durch den Abstand zur Sonne und durch dies daraus resultierenden Klimaveränderungen und Lebensbedingungen gekennzeichnet sind. Weiterhin entsteht unterschiedlich in der uns zugänglichen Welt ein Wechsel der Hell-Dunkel-Zeiten. Die Zeit, die wir meinen zu kennen und die 24 Stunden und 3600 Minuten pro Tag in einem 365 Tage usw. dauernden Jahr enthält ist ein künstliches, nicht am Leben orientierten Produkt der Technik. Wir erinnern uns an die Vergangenheit. Diese erstellt Regeln und Handlungsweisen, die sich bewährt haben und die uns eine Fortsetzung eines Lebens ermöglichen. Diese Vergangenheit wird ständig gefüllt mit einem kontinuierlichen Strom von Erlebnissen aus der Gegenwart. Aus diesen erinnerten Erlebnissen konstruiert und erschließt sich der Mensch eine Idee der Zukunft, in dere er sich Fortschritt erhofft und die eine möglichst angenehme Fortsetzung des Lebens ermöglicht. Ein eigentlich genialer Schachzug, der das eben sichert, aber auch mit Risiken behaftet. Denn die mögliche Zukunft, so sie denn nicht die erhoffte Qualität besitzt, erzeugt auch Angst und Negativität, erzeugt über den Wunsch nach Sicherheit auch Gier, Hass und Neid. Und hier entstehen auch die Leiden, die das menschliche Leben so reichhaltig ausfüllten und die eigentlich unsinnig und unerwünscht sind. Was für diese Lage wichtig wäre und was mir im europäischen Denken oft fehlt sind daher Begriffe, die eine Dauer in der Gegenwart auszudrücken imstande sind und die eine Neigung beschreiben können, eine Neigung, die positive und negative Motive in Bewegung zu bringen imstande ist. Nun ist in meiner Anschauung Negativität nicht grundsätzlich schlecht, aber sie sollte mit der Freude, die ich jetzt mal Positivität nennen möchte, zumindest in einer ausgeglichen Balance stehen. Meiner Ansicht nach sind Freude und Leid die Würze des Lebens. Beide in Balance zu halten ist Lebenskunst, sie durch Erfahrung ineinander zu verweben aber ist Weisheit. Angst und Leid zu überwinden geschieht durch das Bewusstsein ihrer Beschaffenheiten, die Kenntnis über die Ursachen und die unendliche Neuausrichtung der Neigungen, die einen Ausgleich, eine Balance ermöglichen. So wird im Thema Freude und Leid für mich ein Schuh daraus.

  1. Sündenfall im Christentum
  2. Buddhismus
image_pdfimage_print

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert