Yogasana – Asana als Übungspraxis

Der Schein trügt. Posen wie z.B der Drehsitz und seine Variationen bieten viele Möglichkeiten der Wirkungserzeugung an. Sie alle sind aber weder gleichwertig, weder allgemein gültig noch für alle Menschen gleich wirkend. Doch der Reihe nach!
Zunächst einmal ist der vollständige Drehsitz z.B. eine Haltung, die nicht jeder Übende gleich einzunehmen vermag. Daher werden gerne Vorstufen dieser Haltung verwendet, wenn man in großen Gruppen übt, denn ein oder zwei Beginnende sind immer wieder mit dabei und hier muss Rücksicht genommen werden. Diese Vorübungen 1 aber haben jeweils vollkommen unterschiedliche Wirkung zu Folge. Woher weiß ich das? Ich habe sie alle ausprobiert und miteinander verglichen. Wer als Yogalehrer offene Stunden gibt, weiß nie, welche Übende mit welchen Motiven sich in seinen Kurs versammeln können. Er sollte daher alle Variationen, die er unterrichtet, auch kennen. Große Teilnehmerzahlen sind zwar gut fürs Geschäft, aber schlecht für den Teilnehmer, denn der Lehrer wird sich um den Einzelnen nicht intensiv kümmern können. Ich sehe daher bei mir maximal 10 bis 12 Teilnehmer als sinnvoll an. Mehr ist für einen Lehrer eigentlich nicht zu schaffen ist. Und diese kleine Anzahl geht auch nur dann richtig gut, wenn bereits die Hälfte der Teilnehmer regelmäßige Kursbesucher sind.

Und da sind wir schon mitten im Thema und an einer Stelle, die mir zum jetzigen Zeitpunkt im Artikel zu früh für Detailäußerungen erscheint und die ich daher zurückstellen möchte. Bleiben wir zunächst noch etwas beim dem, was allgemein geäußert werden kann.

Ich möchte jetzt einfach einmal ohne begründende Erläuterung und Ableitung meine Ansicht zu Yogasana beschreiben. Jede Pose, die ein Körper einnimmt und etwas hält, stellt eine Herausforderung für viele Funktionen des Körpers dar. Der Atem muss stattfinden können. Der Kreislauf darf nicht übermäßig eingeschränkt sein. Muskeln müssen angespannt, entspannt oder zum Halten genutzt werden und es wird oftmals auch Kraft, Energie und Willensstärke gefordert. Dann sind natürlich immer auch Entspannung, sich lösen von Vorstellungen und andere psychologische Aufgaben zu bewältigen. Jede dieser Aktivitäten erzeugt Wirkungen. Und jede Wirkung wird als Ursache weitere Wirkungen nach sich ziehen. Wie also soll ich so ein Netzwerk mit einfachen Worten beschreiben? Meine Antwort ist einfach: Gar nicht!

Zäumen wir daher das Pferd daher mal von hinten auf. Wir alle kennen die hohe Beweglichkeit, die langjährige Yogaübende auszeichnet. Diese Beweglichkeit ist nicht das Ziel des Yoga, sondern sie ist eine kollaterale Wirkung. Yogasana werden immer so eingenommen, das sie sich in der Ausformung im Grenzbereich der Bewegungsmöglichkeit des Übenden befinden. Stellen wir uns den Bewegungsspielraum eines Menschen als eingezäunten Garten vor, so üben wir sinnvoll immer direkt am Zaun. Wir berühren diesen aber nicht und wir überwinden ihn auch nicht. Der Körper aber, der regelmäßig vor grenzwertige Aufgaben gestellt wird, sorgt in seiner Autonomie und Anpassungsfähigkeit immer für einen ausreichenden Spielraum in seinen Möglichkeiten. Üben wir immer am Zaun, wird der autonome Körper den umzäumten Raum folglich immer mehr weiten. So entsteht die hohe Beweglich von Yoga-Übenden. Warum aber üben wir immer direkt am Zaun? Der Zaum bildet eine Grenze, die vom Körper deutlich angezeigt wird, zunächst als Wahrnehmung, dann als Spannung und fortführend oder sogar bei Überwindung des Zaunes als Schmerz. Wenn ich demnach dort arbeite, erfahre ich etwas über meinen (Ver-)Spannungszustand und die mir noch zu erschließenden Möglichkeiten, indem ich mich entweder mit Normen der Yoga-Literatur oder anderen Übenden vergleiche. Ziel des Systems wäre demnach, mich von Verspannungen 2 zu befreien.

  1. a. Ein Bein gestreckt, ein Bein übergestellt, dann gedreht; b. Ein Bein gestreckt, ein Bein seitlich abgelegt, dann gedreht; c. einfach mit gestreckten Beinen sitzend gedreht; d. Auf dem Stuhl sitzend gedreht; e. Ein Bein gestreckt, ein Bein angestellt und gedreht; …um nur einige zu nennen und mich beim Aufzählen auf mögliche Beinhaltungen beschränkend. Dann gibt es ja noch Arme, Atem, Intention und Intension…
  2. Verspannungen haben vielfältige Einschränkungen zur Folge. Das betrifft den Atem, den Kreislauf, das Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit und andere gesundheitlich relevante Motive (Schmerz, Bewegungseinschränkungen). Verspannungen benötigen immer Energie, um gehalten werden zu können. Diese steht dann für die Alltagsbewältigung nicht zur Verfügung.
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